Dove Bradshaw
10 June - 30 July 2011
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| Waterstone, 1996/2011
Kalksandstein, 100 ml Scheidetrichter
30 x 30 x 30 cm |
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Die amerikanische Künstlerin Dove
Bradshaw (*1949) befasst sich in ihren Arbeiten mit unseren schwankenden
Vorstellungen über das Wesen von Zeit und Raum. Dabei wendet sie ein
nahezu wissenschaftliches Arbeitsverfahren an, bei dem der Zeitfaktor
eine wesentliche Rolle spielt. Bradshaw nutzt die Veränderlichkeit
verschiedenster Materialien, unbeständige Naturmaterialien wie Steine
und Salze oder chemische Substanzen wie Azeton, Quecksilber oder
Schwefel und lässt unberechenbare Faktoren wie Zeit, Wasser,
atmosphärische Bedingungen in Innenräumen, Umwelteinflüsse wie Erosion
oder Witterung, aber auch chemische Prozesse auf ihre Arbeiten
einwirken, die sie schließlich formen und gestalten. Zufall und
Unbestimmtheit bilden die wesentlichen Bestandteile ihres
Arbeitsprozess. Bradshaw’s Arbeiten entstehen über einen langen
Zeitraum, teilweise über Jahre und bleiben manchmal sogar unvollendet.
Oft wirken ihre Arbeiten wie Versuchsanordnungen. Als würde die
Künstlerin etwas prüfen wollen und dem Betrachter anschließend ihre
Ergebnisse präsentieren. Mit der Skulptur Waterstone macht sie die
Auswirkungen von Zeit auf Naturmaterialien sichtbar. Aus einem
flakonartigen Glasgefäß, das mittig über einem soliden
Kalksandsteinblock an einem transparenten Nylonfaden hängt, tropft in
Abständen von mehreren Minuten langsam Wasser herunter. Durch die
Erosion und der damit einhergehenden Abtragung und Ausspülung des
Gesteins wird die Ironie aufgezeigt, dass Wasser, ein so unscheinbares,
weiches Element, in Verbindung mit Luft die Fähigkeit besitzt „zu
zerstören" – hartes Gestein zu durchdringen, zu unterspülen und
schließlich ganz aufzulösen. Nach ähnlichem Prinzip geht sie in der
Serie Negative Ions vor, in der anstelle von Steinen Salzkristalle mit
Wasser interagieren. Bradshaw macht deutlich, dass Entstehen und
Vergehen nahe beieinander liegen. Darüber hinaus gelingt ihr mit den
Serien Waterstone und Negative Ions eine Metapher für die Zeit, da
Veränderungen den Eindruck von zeitlicher Dauer begründen. Mit anderen
Worten: Zeit wird erfahrbar anhand einer Bewegung, die sich im Raum
vollzieht. Diese Skulpturen sind konstant in Bewegung, abhängig von den
Faktoren Zeit und Schwerkraft.
Der zentrale Ansatz ihrer Methode ist, dass Bradshaw nach dem
Installieren der Ausgangssituation nicht mehr in den Entwicklungsprozess
ihrer Arbeiten eingreift. Sie entzieht sich der Kontrolle und erlaubt,
dass natürliche Formungskräfte oder chemische Reaktionen ihre Arbeiten
vollenden. Abstrakte Kompositionen entstehen auf mit Silber, Schwefel
und Lack beschichtetem Leinenpapier in der Serie Contingency. Die
Kombination der chemischen Substanzen bewirkt, dass das Silber zunächst
einen goldenen Farbton annimmt und zuletzt schwarz wird. Außerdem
reagieren die Stoffe auf die atmosphärischen Bedingungen der Umgebung,
weshalb der Wandlungsprozess unbestimmt fortdauert und die Arbeiten
somit unvollendet bleiben. Die Resultate sind unberechenbar und oft
überraschend. Von der Idee der Unbestimmtheit oder Unberechenbarkeit
macht sie auch in der Arbeit (A)claimed Object Gebrauch. 1979
beanspruchte Bradshaw im Kunstmuseum Düsseldorf einen Hygrometer für
sich, indem sie direkt daneben ein Label anbrachte und ihn damit zu
ihrer Arbeit erklärte. In gleicher Weise beanspruchte Bradshaw im Jahre
1976 einen Feuerlöschschlauch im Metropolitan Museum of Art.
Letztendlich wurde nicht nur eine offizielle Postkarte für den
Museumsshop hergestellt, sondern das Museum nahm diese Arbeit sogar in
den Bestand der permanenten Sammlung auf.
Die Arbeiten von Dove Bradshaw werden oft mit den Werken von John Cage
und von William Anastasi in Verbindung gebracht. Beides revolutionäre
Größen des 20. Jahrhunderts, die wesentlich zum Beginn der Arte Povera,
des Fluxus, des Minimalismus und der Konzeptkunst beigetragen haben. In
den 80er Jahren arbeitete sie gemeinsam mit William Anastasi als
künstlerische Beraterin für die Merce Cunningham Dance Company und
gestaltete die Kostüme, die Bühnenbilder sowie die Beleuchtung. Außerdem
ist sie als Kuratorin tätig und kuratierte u. a. vier
Gruppenausstellungen in Gedenken an Sol LeWitt: ONE in der Björn Ressle
Gallery in New York (2007), ONE MORE im Esbjerg Museum of Modern Art
(2008), unter gleichnamigen Titel rekonstruiert in der Thomas Rehbein
Galerie (2009) und ONE Six Americans / Six Danes in der Stalke Gallerie
in Kopenhagen (2009).
(Miriam Walgate, 2011)
www.rehbein-galerie.de
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